Metonymien und Metaphern

Die Metonymie

Die Metonymie ist eine Stilfigur, durch die ein Begriff oder Ausdruck durch einen anderen, sachlich nahestehenden (Kontiguität), ersetzt wird. Die Beziehung zwischen dem Ausdruck und der eigentlichen Bedeutung unterliegt keinen gegebenen Regeln, sondern wird auf Muster basiert.

Die in Kontakt gebrachten Entitäten müssen nicht zwingend räumlich nahestehend sein, auch muss kein klarer, semantischer Zusammenhang bestehen.

Dem Empfänger müssen die nicht expliziten Zusammenhänge, die der Sender nutzt, um einem Begriff einen neuen Ausdruck zuzuweisen, bekannt sein. Diese Zusammenhänge entspringen der pragmatischen Situation und variieren somit von einem kommunikativem Umfeld zum anderen.

Auch auf der Oberflächenstruktur kann ein Ausdruck kontextuell moduliert sein, das heißt, abhängend von den umgebenden Wörtern, unterschiedliche Bedeutungen aufweisen.

OS: Das Auto [waschen/reinigen/reparieren/fahren].
TS: Das (Äußere vom) Auto waschen.
  Das (Innere vom) Auto reinigen.
  Das Auto (Den Motor) reparieren.
  Das Auto (als Ganzes) fahren.

In einem tieferen Niveau, kann die Perspektivierung einer Implikation vorkommen.

OS: Das Haus schließen.
TS: Am Eingang zum Haus hindern.
  Am Ausgang vom Haus hindern.
  Das Haus materiell abschließen.

Die Modulierung und die Perspektivierung ermöglichen es, Ausdrücke in einem weiteren Sinn zu deuten und mit ihnen Begrifflichkeiten auszudrücken, die ihrer ursprünglichen, lexikalischen Bedeutung fremd sind.

Bezugsschemata und Beispiele

Ursache/Ursprung — Auswirkung/Produkt
bilis — ira
felix — beatus
senectus — canae
Falernum — uinum
(telum) mittere — (telum) torquere

Gefäß — Inhalt
poculum — uinum
sub caelo — sub Ioue
(dirimere) iratos — (dirimere) iras

Material — Objekt
aes — tuba
ferrum — ensis

Objekt — Symbol
bellum — arma
melior pars — flos

Katachrese

...equum diuina Palladis arte
aedificant... [Verg. Aen. 2, 15-16]
cornua/alae (latus)

Synekdoche

Generika — Konkreta
bestia — uipera
mortalis — homo
puella — amata

Ganzes — Teil
annus hibernus — hiems
(bibere) Tigrim — (bibere) aquam Tigris
mare — aequor
corpus — membra

Plural — Singular
Romani — Romanus
Distributiver Gebrauch:
iamque fulgor armorum fugacis
terret equos equitumque uoltus
[Hor. carm. 2, 1, 19-20]
Iterativer Gebrauch:
soles occidere et redire possunt [Catull. 5, 4]
Rhetorischer Gebrauch
nos — ego

Die Metapher

Eine Metapher ist ein Vergleich in Form einer Affirmation.

In einer funktionalen Angehensweise der Grammatik, muss berücksichtigt werden, dass nicht nur Nomina Metaphern (und Metonymien) unterliegen können.

Autonomischer Ansatz
Strukturelle Grammatik, Lakoff & Johnson

Die Bedeutungen weisen Notwendigkeit und Vollständigkeit auf. Ein Wort steht in direktem Bezug zu seiner Bedeutung. Dieser Zusammenhang wird durch die Metapher gebrochen („violation of selection restriction“).

Es kann zwischen neuen (kreativen) und etablierten (toten) Metaphern unterschieden werden, wobei eine evolutive, diachronische Ansicht der Sprache vorausgesetzt wird.

Neue Metaphern liegen außerhalb der Sprachkompetenz, da diese nur die von Regeln beherrschte Kreativität betrachtet. Die Entstehung einer Metapher bricht die Regeln und ändert die Grammatik (vermeintliche „Überschreitung der sprachlichen Kompetenzen“). Wenn diese Änderung vollzogen ist, die Metapher zur Übertragung einer neuen Bedeutung funktioniert und zum lexikalen Bestandteil eines Wortes wird, gibt es keine Metapher mehr. So wird die Metapher als Mechanismus zur Erweiterung der Polysemie eines Wortes betrachtet.

Diese Ansichtsweise impliziert, dass der Empfänger über die eigentliche Bedeutung (Semantik) hinausgehen, und eine Interpretierung wagen muss (Pragmatik).

Cooper (1986) verweist auf mehrere Probleme dieses Ansatzes:

- Die Agrammatikalität einer Metapher müsste stets so dekodiert werden können, dass sie durch einen „logisch korrekten“ Ausdruck ersetzt werden kann.

- Ein systematisch und oft vorkommendes Phänomen kann nicht als normbrechend dargestellt werden.

- Die Metapher müsste durch ihre widerholte Erscheinung die Norm ergänzt oder ersetzt haben.

- Wäre die Metapher kein expressives und effektives Instrument, würde sich ihr Einsatz auch nicht lohnen.

Kognitiver Ansatz
Generative Grammatik, Black & Chomsky

Die Metapher bietet Ressourcen, um Abstraktes und Unfassbares konkret zum Ausdruck zu bringen, wenn noch kein Ausdruck vorhanden ist. Ihre Mechanismen beruhen auf die Verbindung unterschiedlicher kognitiver Domänen.

Laut Chomsky, sind die Strukturen, die die Oberflächenstruktur mit der Tiefenstruktur in Verbindung setzen, mobil.

Lakoff und Johnson reden hier von „konzeptuellen Metaphern“, wo ganze Umstände einander gleichgesetzt werden und Vokabeln im Block mitübertragen werden. So übertragen Metaphern eine Art „Karten“ (-systeme) von einem öfter konkreterem Feld auf ein anderes, eher abstraktes Feld. Inwiefern die Ähnlichkeit zwischen den Feldern eine Rolle spielt, ist umstritten (Paivio & Bogg, 1981). Auch kann man davon ausgehen, dass die Konkurrenz zweier semantischer Felder im Umfeld einer konkreten Gegebenheit zum Prozess beiträgt. Außerdem weisen die Prozesse der Metapher Ähnlichkeiten mit denen der Metonymien auf, sodass es auch möglich ist, anzunehmen, dass die Metapher eine veralgemeinerte Metonymie darstellt (Eco, 1979).

Bezugsschemata

Inhalt (räumliche Schemata)

Reisen

Nähe und Ferne

Gebundenheit und Lösung

Orientierung nach vorne und hinten

Teil und Ganzes

Lineare Reihenfolge

Orientierung nach oben und unten

Mass und Multiplex

Quellen

John R. Taylor: Category extension by metonymy and metaphor, in R. Dirven and R. Pörings (ed.): Metaphor and Metonymy in Comparison and Contrast. Berlin and New York: Mouton de Gruyter, 2003.

Jordi Avilés Zapater: Introducció a l'estilística llatina. Adaptada al comentari de textos en vers. Barcelona: Publicacions i Edicions de la Universitat de Barcelona, 2013.

Bilder

Frida Kahlo: La columna rota. 1944. mlm-s2-p.mlstatic.com (Aufgerufen am 22. Mai 2016). http://mlm-s2-p.mlstatic.com/lienzo-tela-columna-rota-frida-kahlo-67-x-50-cm-194411-MLM20563255228_012016-F.jpg

 

Aufsatz ursprünglich für eine universitäre Veranstaltung verfasst: Bianca Liebermann: Sprach- und Stillehre. Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2015.

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